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Der Raum des Seins

Inhaltsübersicht

Die Kunst des Seins

Der Raum des Seins

Die Kunst des Seins  – eine Basis für unser Tun

Wir alle sind. Wir existieren. Sonst würden wir z.B. nicht diesen Text lesen. Was also ist das für eine Kunst, die Kunst des Seins? Was gibt es da zu können?
Einfach da sein. Das ist eine große Kunst, gerade weil es so einfach ist und wir es verlernt haben, einfach zu sein. Unsere Kultur ist auf Tun gepolt, auf Machen, auf Action. Begriffe wie „Existenzgründer“ oder Existenzberechtigung“ verweisen uns darauf, dass es ganz und gar nicht selbstverständlich ist, dass wir einfach da sein können. Wir glauben uns erst beweisen und behaupten zu müssen, um uns dann entspannt zurück zu lehnen und einfach zu sein. Bei vielen Menschen tritt dieser Moment allerdings kaum mehr ein. Sie sind in ihrem Hamsterrad verloren und haben noch nicht einmal mehr die Muße, dies zu bemerken.

Die Kunst des Seins wieder zu erlernen – oder besser: zu erinnern – ist Balsam für unseren Körper und unsere Seele. Es geht dabei nicht darum, nichts mehr zu tun. Es geht um eine Basis für unser Tun: Sein. Insoweit wir das Gewahrsein des Seins verloren haben, ist unser Tun davon geprägt, das, was ist, festzuhalten, zu vermeiden oder zu verändern und das, was nicht ist, herbei zu führen oder zu verhindern, je nach unseren individuellen Vorlieben. Was wir meistens nicht können ist, uns dem Fluss des Lebens anzuvertrauen.

Manche halten „einfach sein“ für einen Zustand, für etwas eher Statisches. Dabei ist es genau umgekehrt. Unsere permanente Aktivität hat etwas statisches, fixiertes. Sein ist durch und durch dynamisch. Und es ist widersprüchlich. Vielfältig. Undurchschaubar. Mystisch. Das, was ist, umfasst die gesamte Existenz. Je mehr wir lernen, in unser Sein hinein zu entspannen, desto mehr entdecken wir, dass alles, was wir brauchen, bereits da ist.

Das bedeutet nun aber nicht, dass wir keinen Mangel, keine Sehnsucht und keine Schmerzen mehr spüren würden. Wenn wir im Tun verhaftet sind, versuchen wir diese Empfindungen so schnell wie möglich wieder los zu werden. Wir trauen nicht dem, was ist. Wir nehmen sie bestenfalls zum Ausgangspunkt, das herbei zu führen, was nicht ist. Dabei arbeiten wir gegen die intelligente Dynamik des Seins. Denn wenn wir den Mangel, den Schmerz, die Sehnsucht da sein lassen – und das heißt vor allem auch, dass wir bereit sind sie zu spüren – dann kommen wir in Kontakt mit der inneren Quelle, die uns bewegt, die uns die Richtung angibt, die uns handeln lässt. Dieses Handeln richtet sich aber nicht gegen das, was ist, sondern baut darauf auf, lässt sich davon treiben, vertraut letztlich der Intelligenz des Lebens und sieht sich selbst als Teil davon.

Die Kunst des Seins (The Art of Being) ist die Basis für die Lebens- und Liebesschule Schule des Seins. Hier lernen wir, dem, was ist, mit Achtsamkeit und mit allen Sinnen auf die Spur zu kommen. Unsere besonderen Wegweiser sind Lust und Liebe. Menschen die den Kontakt mit ihrem Sein verloren haben, lernen vorzugsweise – wenn überhaupt – durch Schmerz. Das ist aber in der Natur nur „Plan B“. Denn wenn etwas weh tut, dann haben wir meistens schon eine Weile nicht mehr gespürt, worauf wir eigentlich Lust haben und was wir lieben. Je mehr wir uns dem zuwenden, was ist, desto eher graben wir diese inneren Wegweiser Lust und Liebe wieder aus, wir spüren sie in unserem Körper und in unseren Gefühlen. Dabei gilt es innere Barrieren zu überwinden. Meistens sind sie geprägt von Glaubenssätzen wie „Das, was ist, das reicht nicht aus zum Leben!“ oder „Ich muss mich anstrengen, um es zu etwas zu bringen!“ Wenn wir uns davon nicht beirren lassen, dann transformiert sich langsam auch unser Denken, oft die hartnäckigste Bastion unserer Kultur des unverbundenen Tuns. Unser Denken verbindet sich wieder mit der Weisheit unseres Körpers und der Intelligenz und dem Mitgefühl unseres Herzens.

Die Grundhaltung der Schule des Seins ist tantrisch, allerdings nicht in dem heute modernen Verständnis von Tantra als einer besonderen Spielart des Sex. Tantra auf Sex zu reduzieren ist ungefähr so treffend wie Tanzen auf Salsa. Tantra hat viel dazu beizutragen, unsere sexuellen Wunden zu heilen und unser sexuelles Potenzial bis hin zu seiner spirituellen Dimension zu erkunden und zu entwickeln. Darauf reduziert verliert Tantra aber jede Magie. Es wird – wie all die andere „Action“ in unserer Kultur – zu einer Methode, um etwas zu erreichen, was vermeintlich nicht da ist.

In unserem Seminaren wenden wir uns konsequent dem zu, was ist. Und wenn wir uns nach etwas anderem sehnen als nach dem, was ist? Dann wenden wir uns der Sehnsucht zu! Die Sehnsucht ist nämlich bereits da, und indem wir ihr unsere Aufmerksamkeit schenken, sie fühlen, sie zum Ausdruck bringen, sie ehren und feiern… führt sie uns ganz natürlich auf den Weg zu ihrer Erfüllung. Je mehr wir uns ihr aber anvertrauen, desto mehr bemerken wir: dieser Weg ist bereits Erfüllung. Dies zu lernen und mit allen unseren Sinnen zu erfahren, es in allen Zellen unseres Körpers pulsieren zu lassen und es in den letzten Windungen unseres Hirn zu verstehen, das ist der Prozess in den Seminaren der Schule des Seins.

Wie wir den Raum des Seins gestalten

Ein geschützter Rahmen

Uns ist daran gelegen, einen geschützten Rahmen zu schaffen, in dem es leichter ist, das Leben so anzuschauen und mehr und mehr auch anzunehmen, wie es ist. Darin liegen große Geschenke, aber auch Herausforderungen, wenn z.B. alte Wunden berührt werden oder uns alte Gewohnheiten und Verhaltensmuster davon abhalten, uns so sein zu lassen, wie wir sind. Es geht also zunächst viel darum, Vertrauen aufzubauen, sodass wir uns selbst, einander und dem Leben mit immer weniger Filtern begegnen können.

Die Arbeit in den Seminaren ist intensiv und erfahrungsorientiert. Wir arbeiten mit Bewegung, Spüren und Berühren, mit vielfältigen Formen von freiem Tanz, mit sanfter und dynamischer Körpertherapie, mit bewusstem Atem, mit unterstützender Musik, mit Stille und Meditation, mit Energiearbeit und Ritualen, mit viel Begegnung und Austausch in der Gruppe und offenem Raum für spontanes Geschehen.

  Die Geschenke, für die wir uns in Kunst des Seins öffnen können, entfalten ihre volle Wirkung selten an einem Wochenende. Ein einzelner Workshop kann wichtige Impulse geben und Weichen neu stellen helfen. Die ganze Fülle, die dieser Weg für uns bereit hält, erschließt sich allerdings erst dann, wenn wir lernen, diesen Weg auch im Alltag zu gehen. Aus diesem Grund stehen die längeren Trainings, vor allem das Tantra Jahrestraining,  im Zentrum unserer Arbeit und liegen uns besonders am Herzen – mit all der Vertrautheit der Beziehungen, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg entfalten. In solchen Beziehungen liegt der Reichtum, der uns hilft, uns auch in den Höhen und Tiefen des Alltags vom Sein getragen zu fühlen. Aus dem äußeren Raum des Seins wird ein innerer Raum, der uns jederzeit das Gefühl geben kann, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Wie wir den geschützten Raum schaffen:

* Wir verstehen unsere Arbeit als Einladung. Du bestimmst jederzeit selbst, wieweit du dich einlassen möchtest!
* Wir unterstützen dich, mit deinem Frau-Sein, deinem Mann-Sein und auch mit deinem inneren Kind in Kontakt zu kommen und zu bleiben.
* Wir arbeiten mit dem Fluss der Erfahrung.
* Wir begegnen manchmal altem Schmerz. Heilung braucht vor allem die Erlaubnis zu fühlen, was wir fühlen.
* Tantra weist uns einen Weg. Die Kunst des Seins schafft den inneren Raum, diesen Weg zu entdecken.
* Den Weg gehen musst du allerdings selbst.

Wir arbeiten in einer intensiven Verbindung mit

* dem Körper, mit Bewegung, Spüren und Berühren
* dem Atem als dem Treibstoff der Lebensenergie
* Tanz als einer Einheit von Eindruck und Ausdruck
* Musik, die unter die Haut geht
* dem inneren Zeugen, mit Stille und Meditation
* Ritualen als hilfreicher Struktur, Deine Energie zu feiern
* Kontakt, Begegnung und Austausch in der Gruppe
* offenem Raum für spontanes Geschehen
* Respekt für dich und deine Grenzen
* unserer Liebe, Intuition und unserem Wissen

 

Warum eine Schule des Seins?

Kann man Sein lernen?

Lebensschule oder Liebesschule, darunter können manche sich etwas vorstellen. Aber Schule des Seins? Ist es nicht ein Widerspruch in sich, einfach nur sein lernen zu wollen? Denn wenn es uns gibt, dann brauchen wir es ja wohl nicht lernen.
Und wenn es uns nicht gibt? Wie sollten wir dann etwas lernen können?
So sieht es unser Verstand, der es gewohnt ist, in Kategorien von Entweder-Oder zu denken. Wenn wir jedoch tiefer in uns hinein lauschen, bemerken wir sehr schnell, dass wir mal mehr, mal weniger da sind. Da zu sein wäre dann weniger eine Frage von entweder-oder, sondern von mehr oder weniger. Wir könnten also lernen, immer mehr da zu sein, anwesend zu sein. Darum geht es wesentlich in der Schule des Seins.

Unsere Existenz ist uns unzweifelhaft gegeben, aber sie ist niemals fertig. Wirst du noch oder bist du schon? Diese Frage klingt albern, weil da zu sein etwas ist, was durch stetes Werden gekennzeichnet ist. Werden ist nicht eine Vorstufe des Seins, sondern Sein ist Werden. Wir sind in stetiger Veränderung begriffen. Das zu akzeptieren und voll und ganz zu nehmen fällt uns nicht immer leicht, vor allem in einer Kultur, in der wir uns gegen jede Unwägbarkeit des Lebens meinen versichern zu können. Zuallererst gilt es also zu lernen, uns auf die stete Entwicklung, zu der uns unsere Existenz herausfordert, wirklich einzulassen. So gesehen ist das ganze Leben ein einziger großer Lernprozess. Jeder einzelne Moment des Lebens lehrt uns etwas und erweitert unsere Möglichkeiten zu denken, zu fühlen und zu handeln. Das pure Dasein begleitet uns zwar von Anfang an und insofern brauchen wir es nicht erst zu lernen. Uns aber dessen gewahr zu werden, was das wirklich bedeutet, das scheint alles andere als gegeben. Wir sind gefordert, unsere Existenz mehr und mehr zu nehmen, sonst kann es leicht sein, dass wir an uns selbst vorbei leben.

Unser pures Dasein scheint uns so selbstverständlich, dass wir darauf gewöhnlich wenig Aufmerksamkeit verwenden. Wir nehmen es als gegeben hin, dass es uns gibt, dass wir existieren. Diese Tatsache bekommt erst dann größere Bedeutung, wenn wir mit dem Tod konfrontiert werden, mit der Möglichkeit, eines Tages nicht mehr zu existieren. Interessanterweise berichten viele Menschen, die dem Tod begegnet sind, dass sie erst danach begonnen haben, ihr Leben, ihre Existenz wirklich wert zu schätzen. Es gibt eine Qualität des Daseins, die uns bei aller vermeintlichen Selbstverständlichkeit leicht durch die Lappen geht. Wir leben, wir sind da, es gibt uns, aber nehmen wir selbst das so richtig wahr? Sind wir uns dessen bewusst? Sind wir uns der Tiefe und Bedeutung unseres Seins gewahr? Sind wir in Fühlung mit unserem Sein? Und was macht das für einen Unterschied?

Wenn wir die Erfahrung einmal bewusst gemacht haben, wie anders sich das Leben anfühlt und gestaltet, wenn wir darin anwesend sind, dann können wir nur noch staunen, wie leicht es war, das zu übersehen. Wir könnten vielleicht sogar daran verzweifeln zu sehen, wie viele Menschen ohne jeden Sinn für ihr Dasein ihr Leben verbringen, und womöglich auch, wie oft wir selbst in diesen Zustand zurückfallen. Wir können uns jedoch auch in die gewaltigen Kräfte einfühlen, die in uns und in unserer Kultur dem Sinn für das Leben entgegen stehen und uns geneigt sein lassen, das Leben von der Geburt bis zum Tode einfach ablaufen zu lassen, ohne je innezuhalten und uns gewahr zu werden: „Hey, ich bin da! Es gibt mich!“

Aus diesem Gewahrsein entspringt Neugier. Was bedeutet es, dass es mich gibt? Wer bin ich überhaupt? Was fange ich mit meinem Dasein an, nun da ich weiß und spüre, dass es mich gibt und ich dieses ungeheure Geschenk in den Händen halte? Aus dieser Neugier heraus sind wir bereit, die oft komfortablen, manchmal aber auch quälenden, eingefahrenen Routinen eines Lebens zu verlassen, das wie vom Autopiloten gesteuert verrinnt, ohne dass darin jemand zu Hause ist. Stattdessen werden wir neugierig auf die Tiefendimensionen unserer Existenz. Wir sind weniger beunruhigt, wenn sich etwas bewegt. Wenn die Oberflächen unseres Daseins, die wir auch unsere Identität nennen könnten, Kratzer abbekommen oder gar aufbrechen, freuen wir uns über die tieferen Einblicke, die uns ermöglicht werden. Der Lack blättert ab. Die oberen Schichten werden zunehmend durchlässiger und durchscheinender für das, was aus der Tiefe ans Licht drängt. Die Oberfläche dessen, was in unserem Leben geschieht, ist immer weniger Schutzpanzer und Maskerade, sondern immer mehr die Kontaktstelle, an der wir jederzeit in die Tiefen unseres Seins vordringen können.

Für dieserart Neugierige gibt es die Schule des Seins. Die Schule des Seins ruft alles das ins Bewusstsein, was sowieso bereits da ist, uns aber in seiner Eigenart entgeht und von uns verkannt wird, weil wir damit beschäftigt sind, andere Pläne zu schmieden oder bereits Vergangenem nachzuhängen. Die Schule des Seins ist eine Einladung, uns selbst, einander und das Leben mit allen Sinnen zu erforschen, uns mit dem Offensichtlichen genauso wie mit den verborgenen Mysterien des Daseins vertraut zu machen und uns in diesen permanenten Prozess des Werdens bewusst und wach hinein zu entspannen. Aus unserem Sein wird Bewusst-Werden, was es genau genommen von Anfang an ist: ein Prozess, in dem das, was ist, immer wieder zu sich selbst findet.

Wir sind die Subjekte dieses Prozesses. Er vollzieht sich in uns und durch uns. Wir kommen zu uns selbst, indem wir voller Neugier immer wieder uns selbst betrachten, als sei es das erste Mal. Früher oder später gerät dabei auch die Grenze zwischen „Das bin Ich!“ oder „Das gehört zu mir!“ und allem jenseits davon in den Blick. Wir erkennen unser Sein auch jenseits der Grenze zwischen Ich und Nicht-Ich. Diese Erfahrung heißt Liebe. Sie ist eine tiefe, manchmal unerklärliche, oft magische, aber uns immer über alle Grenzen hinweg verbindende Kraft. Sie wohnt im Herzen unserer Existenz, ohne dass wir sie erschaffen müssten. Tief mit uns selbst und unserem Sein verbunden kreist unsere Neugier nicht mehr nur um unseren eigenen Bauchnabel, sondern lässt sich von der Lebendigkeit allen Seins inspirieren und faszinieren.

Dieser spannende und zugleich auch ent-spannende Prozess erinnert nur wenige Menschen an das, was sie selbst zu Schulzeiten erlebt haben. Im Gegenteil: in der Schule wurde uns Kindern unsere angeborene Neugier weitgehend ausgetrieben. Mittels Lehrplänen und Schulnoten wurden wir darauf abgerichtet, Dinge zu lernen, die uns oft nicht interessiert haben. Unsere Aufmerksamkeit wurde systematisch von dem abgelenkt, was ist. Und wie es uns selbst dabei geht, was wirklich in uns vorgeht und wie wir uns dabei fühlen, das wollten wir irgendwann freiwillig nicht mehr spüren, weil es zu schmerzhaft war. Lernen wurde zu einem Prozess, uns von uns selbst abzutrennen. Kein Wunder, das wir uns tief innen nach einem Leben sehnen, in dem es nichts mehr zu lernen gibt, in dem wir einfach sein können. Dabei verkennen wir jedoch, dass Leben ganz von allein ein ständiger Lernprozess ist, dass einfaches Dasein in der Regel nichts von der plumpen Entspannung eines Kartoffelsacks hat, sondern eher von der pulsierenden Lebendigkeit eines Urwaldes, in dem es niemals still wird, in dessen Gewahrsein aber etwas in uns zur Ruhe und zu sich selbst kommt.

Die Schule des Seins repräsentiert diese Grundqualität unseres Daseins. Das Sein ist ein steter Prozess, sich seiner selbst gewahr zu werden. Dies wieder zu begrüßen, es voller Neugier zu genießen und darin unser Zuhause, unsere innere Bewegung und unsere Aufgabe zu finden, dafür gibt es die Schule des Seins. Die Schule des Seins ist eine Miniaturausgabe der große Schule unseres Daseins, in der wir alle zur Schule gehen, ob wir das nun wollen oder nicht. Und wie alles Dasein ist die kleine wie die große Schule des Seins in jedem Moment das, was sie gerade ist und wird. Es gibt keine festen Lehrpläne und keine Schulnoten. Unsere Faszination und Aufmerksamkeit gilt allem, was ist, indem es in diesem Moment gerade bewusst wird.

Wie können wir lernen zu sein?

Einfach nur sein? Was gibt es da zu lernen?

Lernen zu sein beinhaltet eine der grundlegenden Paradoxien unserer Existenz. Gewöhnlich geht es beim Lernen um irgendeine Form von Aktivität. Wir eignen uns gewisse Fähigkeiten an, etwas zu tun, auf bestimmte Weise zu denken oder zu fühlen. Oder wir füttern unser Gehirn mit Informationen. Aber einfach nur sein? Was gibt es da zu lernen? Nichts! Wir lernen, nichts zu tun! Obwohl es einfach klingen mag, ist es doch eine der schwersten Lektionen des Lebens. Und vielleicht die wichtigste in der Schule des Seins?

In unserer Kultur sind wir permanent in Aktivität, und der größte Teil davon ist uns nicht bewusst. Wir sind Getriebene, die Mühe haben, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Unterschwellig gehen wir davon aus, dass es uns ohne unser zutun gar nicht gibt. In Redewendungen wie „sich eine Existenz aufbauen“ kommt zum Ausdruck, dass wir meinen erst etwas tun zu müssen, bevor es uns gibt. „Cogito ergo sum“ (Ich denke, also bin ich) befand 1637 René Descartes, und auch in diesem berühmt gewordenen Fundament der Philosophie der Aufklärung zeigt sich unsere Auffassung, dass wir niemals aufhören können zu denken, unser Denken also grundlegender ist als unser Sein. Viele Menschen – sogar wenn sie sich vielleicht auf der bewussten Ebene nach dem dolce far niente, dem süßen Nichtstun, sehnen – haben unterschwellig Angst vor der Leere, die eintritt, wenn sie nichts mehr tun.

Lernen zu sein bedeutet also nicht zuletzt, Aktivität loslassen zu können und inne zu halten. Dafür allerdings müssen wir uns erstmal dessen bewusst werden, wie durchgängig wir im Tun verhaftet sind. Unsere Fixierung auf das Tun in seinem ganzen Ausmaß zu bemerken kann unangenehm, kann sogar ein Schock sein. Es fühlt sich zu Beginn oft an wie ein Hamsterrad, das sich so schnell dreht, dass uns schwindelig wird, wenn es deutlich langsamer wird. Daher drehen wir oft wieder auf, bevor das Rad zum Stillstand kommt.

Wie konnte es dahin kommen? Als Kinder kommen wir noch nicht mit dem Bewusstsein eines Ich auf die Welt. Unsere Ich-hafte Selbstwahrnehmung bildet sich erst langsam heraus, und zwar im Spiegel eines Du, von dem wir uns nach und nach differenzieren. Am Anfang sind Mutter und Kind noch eins, später hoffentlich nicht mehr. Wenn wir jedoch, wie in unserer Kultur üblich, als Babys häufig allein gelassen werden, dann lernen wir recht früh, dass wir etwas tun müssen, um uns im Spiegel unserer Mutter oder einer anderen Bezugsperson lebendig zu erfahren. In Kulturen, in denen Babys lange am Körper der Mutter getragen werden, ist die Glücksfähigkeit deutlich größer als bei uns. Gut möglich, dass es damit zu tun hat, dass Kinder sich unter solchen Umständen nicht erst ihre Existenz aufbauen oder gar ihre Existenzberechtigung erwerben müssen, sondern in die Erfahrung hinein wachsen, dass es sie auch dann gibt, wenn sie nichts tun.
Für uns, die wir nicht unter solch glücklichen Umständen aufgewachsen sind, ist das pure Dasein also etwas, zu dem wir erst wieder Zugang bekommen müssen. Wir Lernen es, indem wir unsere Aktivität beobachten und reiner Zeuge werden. Am Anfang ist auch dieses Beobachten noch ein Tun. Es strengt uns an uns auf das reine Bezeugen zu konzentrieren. Mit zunehmender Übung merken wir jedoch, dass Zeuge zu sein am Besten gelingt, wenn wir jede Anstrengung gehen lassen. Es erweist sich gerade als die Abwesenheit unseres Tuns. Wir könnten also sagen, Zeuge zu sein, ohne eingreifen zu wollen in das, was sich auf der Bühne unserer Wahrnehmung zeigt, ist unser wahres Sein.

Der Königsweg, unser unmittelbares Sein wieder zu realisieren, ist traditionell die Meditation. Während dies früher bedeutete und in manchen spirituellen Schulen immer noch bedeutet, über Stunden, Tage, Wochen oder gar Jahre still zu sitzen, sind inzwischen viele Meditationsformen ersonnen und erprobt worden, die unserem unruhigen Geist entgegen kommen und uns erstmal zu bewusster Aktivität anleiten, um dann in der stillen Phase umso leichter loslassen zu können. Letztlich sind dies alles Vorübungen, um zunehmend auch mitten im prallen Leben, inmitten aller Aktivität, unsere Basis des puren Seins, des Gewahr-Seins, nicht mehr zu verlieren oder zumindest immer wieder zu finden.

Entscheidend für diesen Prozess ist es zu lernen, unsere Aufmerksamkeit bewusst zu lenken. Worauf richten wir unsere Aufmerksamkeit? In einer Zeit, in der unsere Aufmerksamkeit längst zur heiß umkämpften Ware geworden ist und wir permanent mit Reizen bombardiert werden, um unsere Aufmerksamkeit zu erringen, ist es keine leichte Übung, selbst zu entscheiden, wohin wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Ablenkungen aller Art sind allgegenwärtig und fordern uns heraus. Was aber möglicherweise das größte Hindernis ist, um diesen Ablenkungen zu widerstehen, ist unser Horror Vakui, unsere Angst vor dem Nichts, die uns dann doch immer wieder dankbar zu Ablenkungen greifen lässt. Diesen Prozess werden wir nicht von heute auf morgen stoppen können. Aber wir können beginnen, auch dies zu beobachten: wie wir von Ablenkungen aller Art angezogen werden.

Diese Methode der Selbsterforschung ist der Königsweg in der Schule des Seins. Vor allen anderen Methoden besteht unsere Praxis darin, den inneren, unvoreingenommenen Zeugen in jede Art von Erfahrung einzuladen, seine Anwesenheit und – paradoxerweise – auch seine Abwesenheit wahrzunehmen und damit den Unterschied, der daraus resultiert. Der Unterschied erscheint den meisten Menschen am Anfang recht gering und zu vernachlässigen. Alles Mögliche Andere erscheint wichtiger. Mit zunehmender Praxis wird uns jedoch deutlich, wie entscheidend der Unterschied ist, ob in unserer Erfahrung der innere Zeuge anwesend ist oder nicht, oder in welchem Ausmaß. Es ist der Unterschied, ob wir selbst in unserem Leben anwesend sind oder nicht. Es ist der Unterschied, ob wir wir selbst sind oder nur so tun als ob…

Tiefere Dimensionen unserer Existenz werden uns erst zugänglich, wenn die Seinsqualität Einzug in unsere Erfahrung hält und diese trägt. Wer wir jenseits all der Rollen, Muster und Gewohnheiten sind, mit denen wir uns üblicherweise identifizieren, werden wir erst im Gewahrsein unseres Seins herausfinden können. Auch die Geheimnisse der Liebe werden wir erst lüften, wenn Liebe nicht mehr an unsere Vorstellungen gebunden ist, was wir zu tun haben, um überhaupt eine Existenzberechtigung zu haben. Wir werden uns hemmungsloser unseren Wünschen und Sehnsüchten widmen können, je weniger wir Ent-täuschungen fürchten müssen. Enttäuschung erleben wir oft als ein Fallen, aber wir können nicht tiefer fallen als in unser Sein. Wenn wir dem vertrauen, können wir entspannen. Im Vertrauen ins Sein werden auch wir auch freier, Ziele anzustreben und Erfolge zu feiern. Denn wir dürfen auch Scheitern.

In inniger Verbundenheit mit unserem Sein spüren wir die Verbundenheit mit allem, was ist. Wir durchschauen unsere abgesonderte Individualität als das, was sie ist: eine geniale Konstruktion des Bewusstseins, die uns unsere höchst praktische subjektive Lebensperspektive ermöglicht. Durch den Dschungel der Erfahrungen zu gehen ist weit abenteuerlicher als ihn nur aus der Vogelperspektive zu betrachten. Nicht alles sehen zu können, wie es unsere Subjektivität eben mit sich bringt, ist also nicht nur ein Verlust, sondern auch ein Gewinn. Ohne sie wäre das Leben so interessant wie ein Fußballspiel mit nur einer Mannschaft.
Dennoch, soweit wir mit dem unmittelbaren Sein verbunden sind, wissen wir uns über alle Grenzen hinweg verbunden. Die Verbindung mit unserem Sein repräsentiert letztlich unsere Verbindung mit Gott als dem Urgrund der Schöpfung und aller Manifestation. Im wachsenden Vertrauen in diesen Urgrund erfahren wir Empfänglichkeit, Überfluss und Gnade.
Von nichts kommt nichts? Das mag in einem überschaubaren Kontext richtig sein. In einem größeren Kontext stimmt jedoch das genaue Gegenteil: Alles kommt aus dem Nichts. In diesem Bewusstsein können wir wirklich loslassen. Lernen zu sein lohnt sich also in vielerlei Hinsicht. Das heißt nicht, dass wir nichts mehr zu tun hätten. Unser Tun verändert aber seine Qualität, wenn es aufgehoben ist und getragen wird im Gewahrsein unseres Seins.