Erotik und Sexualität

Inhaltsübersicht

Heilung in Erotik und Sexualität

Erotik und Sexualität sind Lebensbereiche, in denen die wenigsten von uns sich wirklich frei fühlen. Auch nach vielen Jahren Therapie, auch nach viel Selbsterfahrung und Meditation bleibt oft eine große Unsicherheit im Umgang mit der eigenen Lust, im Umgang mit erotischen oder sexuellen Situationen. Es fällt uns schwer, offen über unsere Bedürfnisse zu sprechen, oder wir haben Mühe, Sex und Herz wirklich zu verbinden.
Wir alle haben Strategien gelernt, dies nicht dauernd zu fühlen: Entweder reservieren wir Erotik für bestimmte Situationen, z.B. nur mit dem festen Partner; oder wir schneiden uns von der Lust ab, brauchen gar keinen Sex; oder wir überfüttern uns mit sexuellen Reizen. Ob wir uns dessen bewußt sind oder nicht, wir sind immer auch sexuell. Wir sind sexuelle Wesen. Die sexuelle Polarität von männlich und weiblich ist ein Grundbaustein unseres Universums. Diese eigentlich banale Tatsache ist völlig pervertiert worden. Wir leben in einer gespaltenen Kultur: einerseits werden wir überflutet mit sexuellen Reizen, andererseits gibt es im persönlichen Bereich noch immer viele Tabus. Einerseits reden im Zeitalter von Aids Prominente in Talkshows vermeintlich offen über jede sexuelle Spielart, nichts bleibt unausgesprochen von Analverkehr bis Zart dominant. Andererseits tun wir uns im Alltag schwer, direkt und unkompliziert unsere erotische Befindlichkeit auszudrücken.

Wir haben unsere sexuelle Unschuld verloren. Aus natürlichen Impulsen sind zwanghafte Hintergedanken geworden: „Hallo, ich würde gerne einmal mit Dir zusammen schlafen“ würde wohl kaum jemand offen aussprechen, und wenn es jemand täte, wäre es für die meisten ein Schock.
Kennen Sie den bezeichnenden Comic, in dem eine Frau und ein Mann in der U-Bahn nebeneinander sitzen und unter Mobilisierung allen ihren Mutes die Augen zueinander rollen, um sie bei der Begegnung der Augen sofort wieder abzuwenden? Wen erstaunt der Erfolg der Single-Parties in den Städten? Es sprießen die Partnervermittlungsinstitute und die Kontaktanzeigenspalten.
Manchmal beginnen wir unsere Workshops mit einem Spiel. Die Ecken des Raumes sind definiert durch vier mögliche Motive, an dem Seminar teilzunehmen. Die Teilnehmer begeben sich in die Ecke, die für sie am ehesten zutrifft. Eine Ecke heißt „Ich bin hier, um meine Traumfrau oder meinen Traummann kennzulernen – oder wenigstens einen Mann oder eine Frau, die mir gefällt.“ Diese Ecke bleibt meistens leer, obwohl es bei der Vorstellung der Ecken hier am meisten Gelächter gibt. Ich habe meine Frau in einer Tantragruppe kennengelernt, und ich bin bestimmt nicht der Einzige. Aber hätte ich gewagt, mich mit diesem Motiv zu zeigen? Wohl kaum. Man oder frau könnte denken, ich hätte es nötig…

Manche meinen vielleicht, Sex sei so intim, daß es selbstverständlich heikel sei, sich mitzuteilen. Das mag stimmen. Mir kommt es jedoch oft so vor, als wenn wir alle mit vielen Pflastern, Verbänden und Warnschildern herumlaufen, mit denen wir uns davor schützen, an unseren Wunden berührt zu werden. Wir sind immer sexuell. Auch Dein Nachbar, den Du vielleicht durch und durch unerotisch findest, ist sexuell. Was würde es in uns berühren, Sexualität auch da wahrzunehmen, von wo wir sie individuell oder kollektiv verbannt haben? Unsere Gefühle würden wahrscheinlich von Irritation bis zu Ekel reichen. Sind wir hier noch bereit, die Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen?
Als Kindern ist uns beigebracht worden, daß es da etwas gibt, das nichts für uns ist, daß wir uns da unten nicht oder zumindest nicht öffentlich berühren sollen. Die Geheimnisse um Sexualität haben uns nicht nur neugierig gemacht, sie haben uns in unserer Unschuld und Spontaneität auch tief verletzt. Selbst wenn kein direkter Mißbrauch an uns verübt wurde ist es kein Wunder, wenn wir mit dem verstärkten Erwachen unserer Sexualität in der Pubertät überfordert waren. Wer hatte in dieser wichtigen Zeit einen Menschen, den er offen fragen konnte?
Selbst wenn wir im Laufe der Jahre ein mehr oder weniger befriedendes Sexualleben aufbauen konnten, tief im Innern sitzt die Wunde, daß Sex nicht o.k. ist oder daß wir sexuell nicht o.k. sind. Sie wird von Scham- und Schuldgefühlen, von Wert- und Glaubenssystemen und von einer Reduzierung unserer Erlebnisfähigkeit eingekapselt. Wir haben uns so sehr an unser Wundsein gewöhnt, daß wir uns einen unschuldigen, spontanen und respektvollen Umgang mit unseren sexuellen Impulsen kaum mehr vorstellen können. Sogar in unseren Phantasien spalten wir Gefühle wie Geborgenheit, Nähe und Intimität von Lust, Geilheit, erotischem Knistern und Sexualität ab. Wir sehen die Spaltung im Kino gespiegelt, da gibt es den Erotik-Thriller oder den romantischen Schmachtfetzen, beides zusammen bringen nur die seltenen Ausnahmen.

Männer und Frauen haben meist unterschiedliche Strategien entwickelt, mit dieser Wunde zu leben. Männer können es meistens weniger ertragen, nicht sexuell zu sein und suchen Wege, Sex verfügbar zu machen. Pornografie, Prostitution oder normaler ehelicher Dreiminutensex sind nur die Extreme. Durch die Vermeidung von allzuviel Gefühl beim Sex vermeiden Männer auch den Schmerz. Frauen sind meist mehr mit ihren Gefühlen verbunden und identifiziert. Sie haben sich daher oft die sexuelle Lust abgeschnitten oder auf sehr bestimmte Situationen begrenzt. Männer haben große Angst, nicht sexuell sein zu können oder zu dürfen. Frauen haben große Angst, sexuell sein zu müssen. Beide Geschlechter projizieren die verdrängte Seite auf das andere Geschlecht. Frauen haben Panik vor sexuell fordernden Männern, Männer rennen vor emotional „verschlingenden“ Frauen davon . Manchmal, und augenscheinlich immer öfter, ist es umgekehrt.
Beide Geschlechter brauchen sich natürlich auch, denn sonst kommt es weder zur Liebe noch zum Sex (abgesehen von homosexuell liebenden Menschen). Also haben wir die ganze Palette der Manipulationen gelernt. Frauen täuschen sexuelle Lust vor, um vielleicht doch etwas Liebe vom Mann zu bekommen, Männer täuschen Liebe vor, um Sex zu bekommen. Beide Geschlechter haben Sex und Herz getrennt, als Schutz vor zu großem emotionalen Schmerz. Beides wieder zusammen zu erleben gelingt oft nur punktuell und in einem geschützten Rahmen, z.B. einer Zweierbeziehung. Irgendwann bricht dann der alte Schmerz hervor, und wer darauf nicht vorbereitet ist, wird wahrscheinlich seinen Partner beschuldigen oder seine Gefühle zum Absterben bringen. Und damit auch die Lust.

Du wirst niemals eine glückliche Beziehung auf Dauer führen können, in der Sex und Herz lebendig sind, wenn Du Dich den schmerzhaften Gefühlen nicht stellen willst. Die meisten von uns leben einen mehr oder weniger befriedigenden Kompromiß. Die Vision von freier und erfüllter Liebe und Sexualität haben viele entweder als unrealistisch begraben oder in Phantasien verbannt. Oft braucht es eine Krise, z.B. eine Trennung oder eine Krankheit, damit die Vision und die Enttäuschung, den Kontakt mit ihr verloren zu haben, wieder zum Vorschein kommt.
Wie kommt es, daß viele Paare sich einander das Bestimmungsrecht über ihre Geschlechtsorgane überschreiben? Ich drücke das so kraß aus, um die Absurdität aufzuzeigen, die sexuelle Treue beinhaltet. Treue ist im Kern etwas ganz anderes als die Reservation der Liebe oder der Sexualität für eine Person. Wie kommt es, daß gute Gefühle zwischen zwei Menschen einen dritten in den Wahnsinn treiben können? Der Grund ist, daß viele Situationen unvermeidlich unsere Verletzungen berühren. Diese sind so verbreitet, daß wir die vielfältigen Strategien, sie nicht mehr zu spüren, für normal oder sogar natürlich halten. Eifersucht wird zum Gradmesser unserer Liebe – ein höllisches Mißverständnis.
Heilung geschieht nicht von allein. Im Gegenteil, die meisten Paare verletzen sich nur noch immer weiter, indem sie sich gegenseitig für ihren Schmerz verantwortlich machen. Die permanenten Lügen, mit denen Männer und Frauen sich zu manipulieren versuchen, treiben noch weiter weg vom Zugang zu dem liebevollen und sexuellen Wesen, das wir eigentlich sind. Der Mann, der ehrlich und direkt nach Sex fragt, handelt sich im ungeschützten Rahmen genauso eine Abfuhr ein wie die Frau, die bedingungslos geliebt werden will. Wir haben alle den Affentanz gelernt, den wir aufführen, bevor wir uns unsere wahren Bedürfnisse und Wünsche offenbaren.

Heilung braucht einen Schutzraum, in dem die Vorzeichen umgekehrt werden, in dem Ehrlichkeit unterstützt wird und Manipulation ins Leere läuft; einen Raum, in dem wir uns erlauben können, zunächst einmal wirklich zu fühlen, was wir fühlen. Unser Körper bringt uns mit unserer Wahrheit in Kontakt, denn er lügt nicht. Unsere Gefühle werden eindeutiger je intensiver wir sie spüren. Trauer ist einfach Trauer, Wut ist Wut, Angst ist Angst. Lust ist Lust. Heilung setzt ein, wenn wir beginnen, die Verletzungen und den Schmerz wieder wahrzunehmen. Wir entdecken unsere Vision von befreiter, unschuldiger Liebe. Sowohl der Schmerz als auch unsere gewagtesten Träume sind wichtige Triebkräfte, die uns auf den Weg der Heilung schicken. Betäubung tut das Gegenteil, sie hält uns im status quo gefangen.
Die Verletzung unserer Sexualität hat sich tief in den Körper eingegraben. Der Zwang zu ejakulieren, die unterbrochene Verbindung mit sexueller Lust oder die Fixierung auf ganz bestimmte Formen der Stimulation sind Ausdruck davon, daß unser Körper nur noch eingeschränkt lustfähig ist. Körperarbeit und bestimmte Übungen und Techniken können sehr hilfreich sein, das Empfindungsvermögen zu erweitern. Vielleicht erfahren wir, daß wir zu mehr Lust fähig sind als wir es uns je vorstellen konnten. Der Heilungsprozeß beschleunigt sich enorm, sobald wir zu unserer spontanen Lust- und Liebesfähigkeit wieder Zugang gefunden haben, denn dann wollen wir mehr davon. Das kann zugleich auch eine starke Prüfung sein, denn die Diskrepanz zwischen aktueller Realität und dem, was wir leben wollen und zeitweise sogar erleben (z.B. in einer Gruppe), kann schwer auszuhalten sein. Wenn die Amplitude unserer Erlebnisse stärker ausschlägt, wenn wir meinen Achterbahn zu fahren, zeigt das an, daß wir lebendiger werden.

Der Prozeß geschieht sowohl auf der körperlichen, der emotionalen wie auch auf der geistigen und spirituellen Ebene. Heilung in Erotik und Sexualität beinhaltet verschiedene Aspekte auf den verschiedenen Ebenen.

Im Körper beinhaltet die Heilung

* die Schulung der Körperwahrnehmung als Basis aller weitere Prozesse
* das Erforschen der individuellen Lustfähigkeit und der lustbegabten Körperzonen
* die Auflösung von Muskelpanzerungen, die den Energiefluß behindern
* das Annehmen der individuellen Eigenheiten der sexuellen Reaktion:
* für Frauen z.B. die Art & Weise, wie sie zum Orgasmus kommen,
* für Männer z.B. sexuelle Phantasien als Stimulans
* das Ausdehnen und Erweitern der sexuellen Empfindungsfähigkeit durch
* lernen, sich Berührung ohne Kontrolle hinzugeben
* lernen, den Atem durch den Körper zu lenken
* lernen, sexuelle Lust durch den Körper zu kanalisieren
* Loslassen des Ejakulationszwanges beim Mann
* lernen, in sehr erregten Zuständen zu entspannen
* die Wahrnehmung unserer feinstofflichen Körper (Aura)

Auf der emotionalen Ebene lernen wir

* uns selbst zu lieben wie wir sind
* die eigene Weiblichkeit bzw. Männlichkeit sowie auch die Gegengeschlechtlichkeit in uns anzunehmen
* Sex und Herz wieder miteinander zu vereinbaren
* sexuelle Lust und tiefe Nähe mit einem Partner verbinden zu können
* lle Gefühle zu erlauben und damit auch die sexuelle Empfindungsfähigkeit zu erhöhen
* unsere Bedürfnisse und unsere aktuellen Grenzen genau wahrzunehmen
* mit Lust zu spielen

Die Heilung unserer Gefühlswelt stößt nicht zuletzt dort an Grenzen, wo wir alten Glaubenssätzen und Urteilen über Sex, Liebe oder unser Selbstbild und Ichideal aufsitzen.

Heilung beinhaltet auf der geistigen Ebene u.a.:

* die „Sollte“ und „Müßte“ in Bezug auf uns und unsere Mitmenschen loszulassen
* die Fähigkeit zu direkter und unvoreingenommener Erfahrung zu entwickeln
* die Rücknahme von Projektionen
* die Bereitschaft, die volle Verantwortung für sich zu übernehmen
* die Fähigkeit zu erweitern, Nähe und Distanz, Bindung und Freiheit in bewußt gewählten Beziehungen individuell zu gestalten, d.h. erfüllende Liebesbeziehungen einzugehen und auch dauerhaft zu leben

Der Heilungsprozess führt früher oder später auch in den spirituellen Bereich.

Auf der spirituellen Ebene geht es um

* Aufhebung der Spaltung zwischen gut und böse, zwischen Sex und dem „Göttlichen“
* Entwicklung der Fähigkeit zu ekstatischen Zuständen ohne Drogen
* die Möglichkeit, sexuelle Energie für den Prozeß des Erwachens zu nutzen
* sich in jede Erfahrung voll einlassen zu können und gleichzeitig den Scheinwerfer des inneren Beobachters eingeschaltet zu lassen.
* Leben, Lieben und Bewußtsein miteinander zu verweben

Für alle Ebenen gibt es kraftvolle Übungen und Techniken, die uns unterstützen können. Mit diesen arbeiten wir in unseren Einzelsitzungen, Gruppen und Workshops. Sie machen aus dem Heilungsprozeß ein lebendiges und intensives Abenteuer, das allein schon eine Reise wert wäre. Sie führen uns in Erlebnisräume, von denen wir vielleicht noch nicht einmal zu träumen wagten. Sie bewirken den Unterschied von Theorie und Praxis und können nicht im Rahmen eines solchen Artikels vermittelt werden.
Heilung und Wachstum brauchen mehr als Techniken und Übungen! Heilung braucht im Kern einen Raum, in dem wir so sein können wie wir sind. Viele Menschen scheuen vor Tantragruppen zurück, weil sie auch dort befürchten, anders sein zu müssen als sie sind: attraktiver, lustvoller, selbstbewußter, männlicher, weiblicher. Wir haben es ja auch selten erlebt, daß unsere einzigartige Schönheit gesehen wird, wenn wir uns zeigen wie wir sind. Es braucht Mut, diese Erfahrung möglich zu machen, denn wir müssen dafür unseren Schutz durchlässig machen.
Heilung braucht einen Rahmen, in dem jeder für sich selbst anwesend ist, in dem jeder für sich selbst die Verantwortung übernimmt. Das beinhaltet die Bereitschaft, niemand anderes zu beschuldigen oder zu bestrafen für das, was er tut oder nicht gibt oder was meine Wunden berührt. Das beinhaltet die Bereitschaft, sich selbst wirklich und echt kennenlernen zu wollen und sich schrittweise – im eigenen Tempo – auch so zu zeigen. Das beinhaltet die Bereitschaft, sich selbst und die anderen so sein zu lassen, wie wir sind. Daraus entsteht Liebe. Lieben ist Sein lassen.

Ein Raum, in dem wir mit all dem sein können, was wir sind, mit allen *ngsten, Gelüsten und Verlangen, Gefühlen und Gedanken …, ein solcher Raum entwickelt eine eigene Magie. Je mehr wir uns erlauben, authentisch zu sein in unserem Ja und unserem Nein, können wir das auch anderen zugestehen. Energien kommen zum Fließen, einfach weil wir sie lassen und weil es ihre Natur ist zu fließen. Tiefe Bindungen und Verbindungen entstehen, weil es unsere Natur ist, uns zu verbinden. Heiße Erotik und lustvolle Sexualität erwachen, einfach weil wir sexuelle Wesen sind. Liebe geschieht, weil es unserem tiefsten Sein entspringt, zu lieben. Meditation stellt sich von allein ein, wenn wir all das austauschen, was wir einander zu geben haben, und wir mit uns und miteinander eins werden. Ein solcher Raum ist heilig, und er kann von jedem kreiert werden, der die schützenden Regeln einhält. Das erfordert allerdings ein großes Maß an Bewußtheit. Es kann in einer Liebesbeziehung geschehen, es kann mit einer Gruppe sein.
Der größte Feind in diesem heiligen Raum ist die Mißachtung der eigenen Grenzen. Wann immer Du Deine Grenzen mißachtest und etwas tust oder mit Dir geschehen läßt, wofür Du nicht wirklich bereit bist, wirst Du wahrscheinlich später einen Schuldigen suchen, Dich selbst mit eingeschlossen. Du wirst Dich erst dann für den Heilungsprozeß wieder öffnen können, wenn Du entdeckt hast, wann und wie Du Deine Grenzen mißachtest hast. Der zweitgrößte Feind sind die Urteile. Du solltest sie wann immer möglich in Urlaub schicken, denn sie fussen fast immer auf alten Glaubenssätzen, die die Offentheit für neue Erfahrungen begrenzen. Wenn Dein Urteil jedoch zu stark ist, drücke es aus, aber kennzeichne es als Dein Urteil und nicht als die Wahrheit. Erwarte nicht, daß andere sich entsprechend Deinem Urteil verändern. Sei bereit zu fühlen, was in Dir geschieht, wenn andere tun, was Du verurteilst. Diese beiden und noch andere Feinde werden sich immer wieder einschleichen. Behandle sie als Deine Lehrer, erfahre was geschieht, wenn Du Ihnen folgst, und lerne mehr und mehr, Deiner eigenen Wahrheit zu vertrauen.

Dieser heilige Raum, den Alan Lowen „The Art of Being“ genannt hat, wird in unserer Kultur dringend benötigt. Solange wir uns nicht vorbehaltlos unserer Wahrheit stellen, haben wir nicht die Kraft, Liebe zu erschaffen. Wir bekämpfen im anderen, was wir in uns nicht sehen und annehmen wollen. Wir werden manipuliert, egal ob wir uns anpassen oder in Opposition stehen.“Art of Being“- Räume oder entsprechende Zusammenkünfte können Keimzellen einer Kultur werden, die unserem wahren Wesen entspricht. Wir lernen darin, unsere Liebe sein zu lassen, uns in allem wiederzuerkennen. Wir werden uns dann ganz spontan um alles kümmern, was wir selbst, unsere Freunde und Nachbarn, unsere Umwelt, unsere Natur und unser Planet brauchen.
Unsere Betonung von Erotik und Sexualität ist nicht zufällig. Sexuelle Energie ist nicht nur schöpferische Energie, sie ist zugleich auch die am meisten pervertierte, bis zur Unkenntlichkeit in düstere Verliese verdrängte Kraft, ohne die keine wirkliche Transformation geschehen kann. Spirituelle Praxis und Disziplin, die Sex verleugnet oder oberflächlich „überwindet“, erzeugt weitere Schattenbereiche in unserer Psyche und wird auf die Dauer blutleer und lustlos. Die Heilung von Erotik und Sexualität ist eine Basis für die Heilung unseres Seins.
Ritual zur Heilung des erotischen Selbstbildes
Du brauchst einen Partner und mindestens eine Stunde Zeit, in der Du ungestört bist. Du richtest einen schönen, warmen Raum ein und schaffst eine angenehme Umgebung. Dann stellst Du Dich vor Deinen Partner und erzählst ihm alles über Dein erotisches Selbstbild: was Du magst, was Du nicht magst, wie Du erregbar bist, wo Du wenig empfindest usw. Achte besonders darauf, zu atmen und während Du sprichst mit Deinen Gefühlen verbunden zu sein. Wenn Du willst kannst Du Dich vor Deinem Partner ausziehen und zeigen, wovon Du gerade sprichst: Deinen wohlgeformten Po, Deine hängenden Brüste, Deinen kleinen Penis, Deine breiten Schultern, die sensible Haut Deiner Schenkel, das Muttermal am Rücken …
Wenn Du gesagt hast, was Du sagen möchtest, gibt Dein Partner Dir liebevolles Feedback, indem er alles sagt, was ihm an Dir gefällt. Er soll nicht grundlos schmeicheln, sondern das sagen, was für ihn stimmt. Du nimmst es einfach nur auf, ohne zu widersprechen oder zu kommentieren. Wenn alles gesagt ist, legst Du Dich hin und Dein Partner streichelt Dich am ganzen Körper. Geht nicht in gegenseitige Berührung oder sexuelle Begegnung! Diese Zeit ist ganz für Dich!

Unwahrscheinlich erotisch

Ein erotisches Leben, sprühend vor Lust und Lebensfreude, inspirierend für sich selbst und andere, ein lebendiges Gesamtkunstwerk ohne jeden Druck und Leistungstress, wer würde das nicht lieben? Aber ist das nicht etwas unrealistisch? Sind wir dafür überhaupt geschaffen? Was steht im Weg? Welchen Preis müssten wir dafür zahlen? Und auch wenn wir lieber kleine Brötchen backen und nur etwas mehr Lebensfreude und Kreativität in unser Leben bringen wollen: in welche Richtung machen wir uns auf den Weg?
Die folgenden Fragen können uns erste Hinweise geben:
• Warum können wir uns nicht bewusst und gewollt verlieben?
• Was macht echte Kreativität unberechenbar und unnachahmlich?
• Wodurch erlahmt in vielen Langzeitbeziehungen die Lust?
• Warum erleben wir Glück besonders intensiv, wenn es uns überrascht?
• Was macht das Leben so robust, obwohl es doch so verletzlich ist?
Alle diese Fragen haben etwas mit den Gesetzen von Wahrscheinlichkeit und Unwahrscheinlichkeit zu tun. Wir erleben permanent ihre Auswirkungen, ohne uns ihrer selbst bewusst zu sein. Der Klassiker: überrascht vom Glück plötzlicher Verliebtheit bekommt unsere Erotik einen kreativen Schub, dann lässt sie langsam wieder nach, aber das Leben geht weiter. Das Unwahrscheinliche hat kurzfristig die Regie über unser Leben übernommen, aber wahrscheinlich hält das nicht ewig. Würdest du gerne öfter so durchs Leben gehen, als wärst du frisch verliebt? Aber du möchtest deswegen nicht jedesmal deine Beziehung aufs Spiel setzen oder eine neue anfangen? Wunderbar, dann geht es dir so wie mir!

Wahrscheinlich kommst du – so wie ich – dabei auch immer wieder an deine Grenzen, und das Leben wird zur Routine. Berechenbar. Das ist ganz normal. Aber könnte es – ganz unwahrscheinlich – auch anders sein?
Dafür müssten wir etwas riskieren. Wollen wir das? Können wir das? Sicherheitsbedürfnisse sind uns in die Wiege gelegt, aber genauso natürlich ist unsere Neugier und unsere Lust auf Freiheit und Abenteuer. Wir sind jedoch alle aufgewachsen und geprägt von einer Kultur, die auf Sicherheit den größeren Wert legt.
Zwischen diesen beiden Polen fließt der Strom des Lebens: es will sich bewahren und ist doch bereit, sich zugunsten weiterer Entwicklung zu opfern. Die Arterhaltung wiegt stärker als der individuelle Überlebenstrieb. Wäre es andersherum, lebten wir maximal auf dem Niveau von Einzellern. Wahrscheinlicher aber wären wir längst tot – oder nie geboren worden.
In unserer Kultur lassen übersteigerte Sicherheitserwartungen wenig Raum für echtes Abenteuer. Umso mehr floriert die Unterhaltungsindustrie. Mit der Fernbedienung in der Hand begeben wir uns in virtuelle Welten, in denen das Leben noch unvorhersehbar ist. Aber um das Happy End wollen wir auch dort nicht bangen müssen.
Wo eine Kultur so vorrangig auf Sicherheit setzt, ist die Gegenbewegung nicht weit. Sind moderne Abenteuer in Form von Bunjee Jumping oder Swingerclubs noch halbwegs integrationsfähig, so kommt in der Gestalt des Selbstmordattentäters der krasse, zum Feind der Zivilisation erklärte Gegenpol zum Ausdruck. Der drohende Kollaps vieler Ökosysteme auf der Erde ist ein weiterer Gegenpol. Beide sind jedoch geradezu zwangsläufige Gegenspieler einer zwanghaften Kultur. Der Selbstmordattentäter riskiert alles und damit letztlich nichts. Er weiß, wie er seinem Leben ein Ende setzt und wähnt sich wohl auch noch des himmlischen Lohnes gewiss. Und wenn wir als Menschheit schon auf den Untergang zusteuern, dann doch bitte mit größtmöglicher, vorausberechneter Wahrscheinlichkeit.

Dies alles zu beklagen ist wenig kreativ und macht uns keinen Deut erotischer. Worin liegt aber der wirkliche Reiz des Lebens? Nimm dir einen Moment Zeit für eine erotische Fantasie. Erlaube dir in sinnlichen Genüssen mit weit offenem Herzen zu schwelgen. Was würde dir Erfüllung oder dich zum Knistern bringen? Kannst du dir hier und jetzt eine Fantasie erlauben, mit der du dich sogar selbst überrascht?

Nimm dir Zeit… und lese dann erst weiter.

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Hast du dir wirklich Zeit genommen oder hast du geschummelt?? Willst du erstmal weiter lesen und später fantasieren? Willkommen im Club! Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden es die meisten Leserinnen und Leser so machen – mit verschiedenen, aber immer guten Begründungen. Und sehr wahrscheinlich ist ja so gut wie gewiss. Wahrscheinlich konntest du also gar nicht anders. Was für eine gemeine Falle, dir diese Einladung zu geben.
  Aus der Quantenphysik wissen wir seit ca. hundert Jahren, dass es im Kern der Materie, der vermeintlichen Hochburg der Sicherheit, keine Sicherheiten gibt, sondern nur Wahrscheinlichkeiten. Moderne Techniken wie die eines CD-Players, von denen wir erwarten, dass sie sicher funktionieren, basieren nur auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen! Niemand kann voraussagen, wie sich ein bestimmtes Elementarteilchen – oder ist es eine Welle?- verhalten wird. Im Bereich unserer menschlichen Sinneswahrnehmung sind diese Wahrscheinlichkeiten längst zu Quasi-Sicherheiten geronnen und können praktisch mit Sicherheit gleichgesetzt werden. Das Spannende daran ist jedoch, dass es – folgten wir diesem Prinzip konsequent weiter – gar kein Leben geben könnte. Die Entwicklung des Lebens ist – selbst wenn man Darwin’sche Ausleseprozesse nach dem Zufallsprinzip zugrunde legte – so vollkommen unwahrscheinlich, das es sicher keines gäbe, wäre nicht noch etwas anderes am Werk als die Gesetze der Wahrscheinlichkeit.
Ich nenne sie mal provisorisch die Gesetze der Unwahrscheinlichkeit.

Ich betrete die Bäckerei, bin gestresst vom frühen Aufstehen, habe einen langen Arbeitstag vor mir. Mein Blick trifft ihren Blick und mein Herz beginnt zu pochen. Ein anderer Teil des Körpers auch. In bin vollkommen durcheinander, stammele “zwei Buttercroissant” vor mich hin, meinen schweißnassen Fingern rutschen zwei Euro aus der Hand, sie hebt sie für mich auf und wünscht mir einen schönen Tag. Knallrot angelaufen stürme ich auf die Straße und werde fast von einem Fahrrad angefahren…

In dieser Szene betritt überraschend Eros die Bühne. Der berühmte Blick, der uns trifft wie sein Pfeil und uns in eine andere Welt katapultiert. Was dann folgt ist wieder weitgehend vorhersehbar. Wir laufen davon. Wir beantworten die ungewöhnlichen Momente des Lebens meistens sehr gewöhnlich. Was aber, wenn wir so ungewöhnlich antworten würden, wie es mit dem Blick begonnen hat?

… ich nehme die Buttercroissants entgegen und schaue ihr noch einmal in die Augen. Ein Moment des Erkennens. Mein Herz schlägt wie wild und ich sage ihr: “Mein Herz schlägt wie wild!” Sie bekommt eine Gänsehaut, lächelt verlegen, und antwortet: “jetzt werde ich ganz verlegen und bekomme ich eine Gänsehaut!”. Ein weiterer Kunde betritt den Laden, und wir schalten um auf den Wahrscheinlichkeitsmodus. Keep cool, nichts anmerken lassen. Ich bleibe aber im Laden, und als wir wieder alleine sind, bitte ich sie um ein Blatt Papier und einen Stift. Ich schreibe darauf: “Wegen eines unvorhergesehenen Glücksfalls vorübergehend geschlossen.” Fragend schaue ich sie an, sie zögert, sie scheint am ganzen Körper zu zittern, dann nickt sie stumm und ich hänge den Zettel an die Ladentür… Ich komme wieder rein, und sie fragt: “Erstmal einen Kaffee?” Ich antworte: “Erstmal eine Umarmung, sonst kippe ich gleich um vor lauter Aufregung.”

Wenn wir den Gesetzen der Unwahrscheinlichkeit folgen, müssen wir nicht verrückte Sprünge vollführen oder den Affen machen. Das Unwahrscheinliche ist genauso naheliegend wie das Wahrscheinliche. Das Erotische ist genauso naheliegend wie das Unerotische. Und auch unsere Kreativität liegt in jedem Moment direkt unter der Oberfläche. Weit hergeholt handeln wir, wenn wir unbedingt erotisch, kreativ oder originell sein wollen, aber dem Naheliegenden nicht trauen.

Peter ist seit fünf Jahren mit Manuela zusammen. Beide sind erfahren in den Liebeskünsten des Kamasutra und des Tantra. Ihr Liebesspiel ist oft eine Zeremonie. Peter hat gelernt, häufigen und lang dauernden Sex zu haben, ohne zu ejakulieren. Manuela genießt es, mit Peter keinerlei Zeitdruck zu haben. Sie sind manchmal stundenlang vereinigt. Manchmal massieren sie sich gegenseitig, wobei auch Yoni und Lingam vielfältig verwöhnt werden. Sie kann so oft kommen, wie sie will, und auch Peter weiß, wie er ohne Samenerguss kommen kann. Sie erleben vollkommene Harmonie, und nichts steht ihrer Liebe im Weg. Sie könnten glücklicher nicht sein.
Aber etwas fehlt!

Was fehlt dir, wenn du diese Geschichte liest? Würdest du gerne einen Roman lesen, der in diesem Stil endlos weiter geht? Was ich dabei vermisse, ist die Unsicherheit, die Unvorhersehbarkeit. Wir brauchen sie nicht unbedingt zum Wohlfühlen, und wir brauchen sie auch nicht, um Sex miteinander zu haben. Wie wohltuend, sich der Liebe des Partners sicher zu sein, nicht immer um die ausreichende Ration Sex bangen zu müssen. Wie schön zu wissen, was der Partnerin gefällt und es ihr geben zu können!
Um wirklich erotisch zu sein, muss sich die Geschichte jedoch dem Naheliegenden, aber Unerwarteten zuwenden. Einer menschlichen Unzulänglichkeit, einem Konflikt, einem Wagnis. Was das sein könnte? Peter könnte seine Lust auf Analsex zum Ausdruck bringen, obwohl er weiß, dass Manuela da Vorbehalte hat. Manuela könnte Peter ihren Wunsch gestehen, dass er mal in sie eindringt, ohne vorher zu fragen. Dass er sich weniger kontrolliert. Selbst diese Antworten können auf die falsche Fährte führen, denn sie suggerieren, dass es wesentlich um äußere Vorgänge ginge. Es ist aber die innere Empfänglichkeit für das Naheliegende, aber Überraschende, die eine Situation erotisch und uns kreativ werden lässt. “Wenn ihr nicht … werdet wie die Kinder, so werdet ihr das Himmelreich nicht empfangen.“

Getrimmt auf unsere Sicherheitsbedürfnisse haben wir vor dieser Dimension regelmäßig Angst. Vielleicht brechen wir zuweilen aus der Routine aus und riskieren etwas, hauen auf die Pauke oder verlieren die Kontrolle. Wahrscheinlich kehren wir aber bald in den Modus der Wahrscheinlichkeit zurück, denn wir haben nur Dampf abgelassen, den Dampf, der sich hinter unserer Gewohnheit aufgestaut hatte. Die Angst vor dem Überraschenden aber, sie ist die gleiche geblieben.
Was aber, wenn wir den “Dampf” unmittelbar fühlen? Er ist die Energie, die dem Leben seinen Drive gibt. Sie ist vollkommen instabil und flüchtig. Wir können sie nicht festhalten, ohne sie zu verlieren. Aber wir können genauso instabil, genauso unsicher, genauso unerwartet auf sie antworten. Wir beantworten eine Unsicherheit mit einer neuen Unsicherheit.
Hans-Peter Dürr bringt in diesen Zusammenhang das Bild vom Gehen als einer stabilen Bewegung, die aus einer Kette von instabilen Momenten zusammengesetzt ist. In fast jedem Moment des Gehens, an dem wir innehalten, sind wir leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. In der Dynamik des Gehens sind wir jedoch viel stabiler und können Impulse leicht aufnehmen und in unseren Gang integrieren ohne zu wanken.
Was im Bild des Gehens schnell einleuchtet, ist auf der psychischen Ebene etwas schwerer einsehbar. Wir haben das Gewahrsein dafür verloren, wie oft wir psychische Momentaufnahmen – Gefühle – eingefroren und fixiert haben. Wir merken meist gar nicht, wie diese eingefrorenen Gefühle durch vielfältige Krücken und Haltestrukturen abgestützt sind: durch Gewohnheiten, Überzeugungen und Glaubenssätze. Wenn wir sie wieder auftauen, ist es nicht so leicht, von einem Gefühl zum nächsten überzugehen, von einer Instabilität zur nächsten. Wir stoplern erstmal über unsere Krücken! Wenn wir die gröbsten Hindernisse erkannt und aus dem Weg geräumt haben, können wir wieder in Fluss kommen.
Der Fluss des Eros entfaltet seine lustvolle Dynamik am liebsten zwischen der Komfortzone der angepassten Sicherheit und der Stresszone der selbstsüchtigen Überforderung. Dies sind die Ufer, zwischen denen wir uns hindurch bewegen, an denen wir uns aber auch orientieren können.
• Wenn wir uns am Ufer der Sicherheit in die Wasser des Eros wagen, dann verlassen wir das sichere Festland der Konventionen und erleben erstmal Scheu, Scham, Unsicherheit. Aber hast du schonmal erlebt, wie charmant und erotisch Unsicherheit sein kann? Unser inneres Ja zur Unsicherheit öffnet uns für das Unbekannte. Wie sollten wir angesichts des Unbekannten sicher sein können?
• Das Festland am anderen Ufer ist unsere Egozentrik, unsere Bereitschaft zur furcht- und kompromisslosen Selbstdurchsetzung, die durchaus zu anarchischer Geilheit führen kann. Aber sind wir hier noch erotisch? Wir riskieren viel, aber wir werden immer weniger empfänglich. Vielleicht brauchen wir eine immer größere Dosis für den nächsten Kick und Sex bekommt Suchtcharakter. Steigen wir von diesem Ufer her in den Fluss, werden wir durchlässiger, aber wir bringen Mut, Kraft und Würze mit in unsere Erotik. Hast du schon mal erlebt, wie erotisch dreiste Direktheit sein kann? Sie ist es allerdings wohl nur, solange sie ein Spiel bleibt.

  Unsere Erotik ist der innere Puls unserer Kreativität. Sie treibt uns an, das Leben zu zeugen und zu gebären und im übertragenen Sinne das Unwahrscheinliche ins Leben zu bringen – oder genauer gesagt das Unwahrscheinliche durch uns leben zu lassen. Wir müssen es nicht selbst “machen”. Wir können es auch gar nicht. Es erschafft sich durch uns. Es ist die Hingabe an diese Kraft, die unser Leben unwahrscheinlich erotisch werden lässt.
Vielleicht möchtest du dich jetzt auf den Weg machen, mehr von deiner erotischen Vielfalt zu entdecken und entgegen aller Wahrscheinlichkeit mehr und mehr ein inspiriertes, durch und durch erotisches Leben voller Kreativität zu führen? Vielleicht magst du dir jetzt Zeit nehmen für deine erotische Fantasie? Wie sieht dein Szenario aus, das dein Herz vor Freude hüpfen lässt? Sei dabei scheu und dreist zugleich, mutig und unsicher, und lass dich von diesen Polaritäten leiten wie von einem Kompass. Und sei nachsichtig mit dir, wenn du mal wieder im alten Trott festhängst.
Doch Vorsicht! Zwischen Wahrscheinlichkeit und Unwahrscheinlichkeit liegt die Scheinheiligkeit. Sie macht aus dem erotischen Spiel eine Leistung. Sie schielt auf die äußere Wirkung und höhlt dich langsam aus. Auch Tantriker sind nicht davor gefeit. Sie ist die vielleicht größte Falle in einer Kultur, die so sehr vom medialen Schein durchdrungen ist. (Schein-)Erotik ist der Topseller schlechthin und dabei so berechenbar wie käuflich. Es führt also kein Weg daran vorbei, immer wieder in dich zugehen und auszuloten, was deinem Leben in diesem Augenblick eine Prise Unwahrscheinlichkeit gibt. Und sei erinnert: es ist naheliegend, es ist prickelnd, und es ist ein Risiko.

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