Der Sprung in der Schüssel

Paradoxien als Tore in höhere Bewusstseinebenen

Wenn nichts mehr geht und wir alles – vor allem uns selbst – zu verlieren scheinen, gerade in diesen so unlösbar scheinenden Situationen können wir »aufbrechen« und verstehen. Wir können sogar lernen, die Erotik solch unvereinbar scheinender Gegensätze und Widersprüche zu genießen.

Die Entwicklung unseres Bewusstseins in seinen verschiedenen Facetten ist der Kern spiritueller Lehre und Praxis. Um uns selbst zu erkennen, uns mit unserer wahren Natur zu verbinden, unserer göttlichen Essenz gewahr zu werden, uns der universellen Liebe zu öffnen – was können wir tun, um dieser tiefen Sehnsucht in uns Raum zu geben? Wir meditieren, wir gehen zur Therapie, wir lesen tiefsinnige Bücher, wir versuchen unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst, wir besuchen Workshops, wir suchen die Nähe spiritueller Meister... und scheitern. Vielleicht ist dieses Scheitern sogar das Wichtigste. Denn das Leben ist nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben, und auch unsere spirituelle Reise läuft nicht nach Plan. Zum Glück! Denn genau darin liegt die größte Chance für eine wirkliche Erweiterung unseres Bewusstseins. Diese Chance wird bislang von vielen Suchenden noch ziemlich unterschätzt.
Wenn wir scheitern, bedeutet das vor allem, dass unsere Vorstellung von dem, was sein sollte, im Widerspruch steht zu dem, was ist. Widersprüche sind kein Unglück. Sie sind eine Chance aufzuwachen und zu realisieren, was ist. Oft werden wir im Leben mit Widersprüchen konfrontiert. Anstatt diese unbedingt gleich lösen zu müssen oder ihnen aus dem Weg zu gehen, können wir sie nutzen. Es sind die Widersprüche und Paradoxien des Lebens, die uns entscheidend dabei helfen können zu wachsen, zu reifen, zu lieben und zu leuchten.

Bewusstseinssprünge

Bewusstseinsentwicklung erfolgt nicht nur kontinuierlich, sondern auch in Sprüngen. Ohne solche Sprünge stagnieren wir irgendwann. Wie aber diese Sprünge geschehen und was ihnen vorausgeht, das ist nach wie vor ein großes Geheimnis. So sind sich zum Beispiel die meisten spirituellen Lehren weitgehend darin einig, dass Erleuchtung nicht planmäßig herbeigeführt werden kann, sondern dass es irgendwann einfach geschieht. Vorherige Selbsterforschung scheint durchaus hilfreich zu sein. Aber was ist es genau, was zum Durchbruch der Wahrheit führt? Ist es Karma? Ist es Liebe? Ist es Gnade?
Bei Kindern lassen sich Bewusstseinssprünge gut beobachten. Irgendwann findet ein Kind z.B. heraus, dass es, obwohl es sich selbst die Augen zu hält, doch gesehen wird. Oder es realisiert, dass es einen Unterschied von mein und dein gibt. Noch später erkennt es – mit etwas Glück –, dass es schön sein kann, mein und dein auch wieder zu loszulassen. An letzterem erkennen wir aber auch, dass Entwicklung nicht zwangsläufig geschieht. Manche Menschen kleben noch bis zum Tod an ihrem Eigentum. Sie sind nicht gesprungen. Warum nicht?

Die ausweglose Situation
Genau zu untersuchen, was unmittelbar vor einem Bewusstseinssprung geschieht, kann mehr Licht in die Frage bringen, wie wir unseren Sprung in neue Räume des Bewusstseins unterstützen können. Mir ist Folgendes aufgefallen, und es erscheint mir wie ein Gesetz: Vor jeder entscheidenden Weiterentwicklung unseres Bewussteins sehen wir uns mit einem unlösbaren Widerspruch konfrontiert. Wir laufen nicht mehr davor weg, wir versuchen nicht mehr, ihm mit einer Scheinlösung nach altem Muster zu entkommen, sondern wir lassen diesen Widerspruch existentiell an uns heran und lassen uns an genau dieser Stelle innerlich nieder, verweilen im Gewahrsein der Unlösbarkeit. Und dann kann es geschehen – der Sprung in der Schüssel. Unser bislang geschlossenes Selbst- und Weltbild bekommt Risse, eine neue Dimension scheint auf.
Ich bin immer wieder darüber gestolpert, dass den wichtigsten Veränderungen in meinem Leben vermeintlich auswegslose Situationen vorangingen. Beziehungskrisen, Krankheiten, Geldsorgen, Pechsträhnen. Wenn gar nichts mehr ging, dann ging oft eine Tür auf, von deren Existenz ich nicht einmal zu hoffen gewagt hatte. Es scheint ein universelles Prinzip zu sein: Widersprüche und Paradoxien sind Tore in höhere Bewusstseinsebenen. Denn es ist die Erweiterung unseres Bewusstseins, die als einzige Möglichkeit übrig bleibt, wenn sonst nichts mehr geht.

Angst, sich zu verlieren
Muss es immer erst soweit kommen, bis wir bereit sind, unsere einengenden Glaubenssätze über Bord zu werfen? Allzu oft leider ja. Sei es Dummheit, sei es menschlich, wir vermeiden doch gerne, unsere eigene Wahrnehmung in Frage zu stellen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Denn wenn ich eine völlig neue Perspektive auf all die vertrauten Phänomene meines Lebens einnehme: Bin ich dann noch ich? Verliere ich mich dann? Oder finde ich mich gar, indem ich bereit bin mich zu verlieren? Es kann Angst machen, den vertrauten Rahmen vermeintlicher Gewissheiten zu verlassen, und sich auf Phasen von Nicht-Wissen einzulassen. Aber es lohnt sich!
Wir alle bekommen oft genug im Leben für uns unlösbare Widersprüche präsentiert. Wir machen Erfahrungen, die wir mit unserem bisherigen Verständnis nicht bewältigen können. Das Kind, das gefunden wird, obwohl es sich die Augen zu hält, das staunt so lange, bis die Wahrheit durchscheint: Es wurde die ganze Zeit schon gesehen, auch wenn es das nicht für möglich hielt, weil es selbst nichts sah. Uns Erwachsenen erscheint das banal. Aber in Situationen, wo wir selbst mit Unlösbarem konfrontiert sind, sind wir erstmal genauso blind wie das Kind. Mit dem Unterschied, dass wir es meist verlernt haben zu staunen. Statt dessen halten wir nicht selten entschlossen an dem fest, was schon lange nicht mehr funktioniert.

Liebesgeschichten
Wo werden wir als Erwachsene mit unlösbaren Widersprüchen konfrontiert? Mit am heftigsten trifft es uns in Liebesbeziehungen. Oder auf der Suche danach. Sich zu verlieben ist bekanntlich genauso wenig planbar wie Erleuchtung. Trotzdem lassen wir Menschen kaum etwas unversucht, um die große Liebe zu finden. Und wenn wir nach einigen Fehlschlägen nicht resignieren, sondern im Gewahrsein der Unmöglichkeit, Liebe planmäßig herbeizuführen, innerlich loslassen – oft geschieht es genau dann. Wir verlieben uns, und die Welt erscheint in einem anderen Licht.
Ob das nun eine echte Weiterentwicklung unseres Bewusstseins ist oder nur eine zeitweilige rosarote geistige Umnachtung, oder gar beides, das lasse ich mal dahingestellt.
Wenn wir jedoch Liebe über die Verliebtheitsphase hinaus leben wollen, dann braucht es inneres Wachstum. Wir müssen von liebgewordenen Glaubenssätzen Abschied nehmen. Zum Beispiel von der Vorstellung, eine gelungene Liebesbeziehung bedeute, jederzeit voll und ganz so angenommen zu werden, wie wir sind. »Ich möchte so sein dürfen wie ich bin!«, ist einer der zunächst ganz harmlos klingenden Beziehungswünsche. Klar, wer möchte das nicht, bedingungslos geliebt werden? Wir tun uns allerdings schwer anzuerkennen, dass dieser Wunsch meist unbewusst eine Erwartung in sich trägt, sich also in eine Bedingung an unseren Partner verwandelt und damit genau dem im Weg steht, was wir uns eigentlich wünschen. Vor allem dann, wenn sich unser Partner, was ja nahe liegt, das gleiche wünscht. Auch er möchte bedingungslos geliebt werden. Beide möchten das. Aber wer fängt an? Von diesem Dilemma aus nehmen viele Beziehungsdramen ihren Lauf. Jeder lebt in der durchaus berechtigten Gewissheit, dass er nicht voll und ganz angenommen wird und blendet aus, dass er selbst gerade genauso wenig dazu in der Lage ist.
Was hilft uns an dieser Stelle? Wir können uns genau hier niederlassen und der Unmöglichkeit reiner bedingungsloser Liebe in menschlichen Beziehungen ins Auge schauen. Wir laufen nicht davor weg. Vielleicht spüren wir den abgrundtiefen Schmerz, möglicher Weise niemals das zu bekommen, was wir so unbedingt zu brauchen scheinen. Dann kann es geschehen: der Sprung in der Schüssel. Etwas bricht auf und wir realisieren, dass bedingungslose Liebe auch die Liebe für unsere Bedingtheit umfasst, für unsere Grenzen, wie könnte es anders sein? Wir schauen unseren Partner, der uns gerade noch höllisch genervt hat, neu an – und Liebe kommt wieder ins Fließen, obwohl unser Partner immer noch der gleiche ist.

Liebe im Alltag
Liebe im Alltag zu leben, ist das beste Lernfeld, das ich kenne, um unser Gewahrsein zu erweitern. Hier werden wir immer wieder in Widersprüche verwickelt. Sie will mehr Liebe, er will mehr Sex. Sie will mehr Freiheit, er will mehr Verbindlichkeit. Sie will mehr Nähe, er will mehr Anerkennung. Jede Partnerschaft bringt mindestens ein unlösbares Dilemma mit sich. Und je tiefer wir gehen, desto mehr landen wir bei der paradoxen Natur unseres Seins. Wir, die wir uns lieben, wir können uns nur lieben, wenn wir zwei sind, voneinander verschieden, mit Respekt für unser Anderssein. Andernfalls wäre die Gefahr groß, uns in einer Symbiose zu verlieren oder den anderen in narzisstischer Selbsterweiterung zu vereinnahmen. Zugleich aber bedeutet Liebe auch, dass wir uns als eins erfahren, untrennbar miteinander verbunden, ein Herz und eine Seele. Unsere althergebrachte Logik – von zwei entgegen gesetzten Behauptungen kann nur eine wahr sein – muss hier passen. Der Sprung in der Schüssel, das Gehirn spreizt sich. Tertium datur, es gibt ein Drittes, das beide Gegensätze wahr sein lässt.
Solche Risse in unserem Verständnis von uns selbst, von Gott und der Welt können durchaus sehr bedrohlich sein. Einen Sprung in der Schüssel zu haben, das bedeutet normalerweise die Einweisung in die Psychiatrie. Oder zumindest eine tiefe Krise. Ich möchte kühn behaupten: Wer hier keine Bedrohung sehen und fühlen kann, der hat womöglich noch gar nicht an sich heran gelassen, worum es hier eigentlich geht. Hier steht alles auf dem Spiel, woran wir jemals geglaubt haben!

Grenzen und Grenzenlosigkeit
Die Bedrohung unseres Selbstbildes wird auf vielerlei Weise abgewehrt. Eine besonders in Esoterikkreisen beliebte Variante ist die »offene Verteidigung«, die sich etwa so anhört: »Wo ist das Problem? Alles darf doch so sein wie es ist!« Wer diese Haltung einnimmt, ist sich meistens ihrer und damit seiner eigenen Grenzen nicht bewusst. Denn wenn alles sein darf, dann darf es auch sein, dass z.B. ein Hitler an die Macht kommt, der durchaus nicht alles so sein lässt wie es ist. Die Haltung »Alles darf sein« zerstört sich am Ende selbst, wenn sie nicht auch ihren Gegenpol anerkennt, und der heißt: Es gibt Grenzen, und wir brauchen sie auch, genau wie wir Grenzenlosigkeit brauchen.
Ich möchte dies auf der gesellschaftlichen Ebene verdeutlichen, auf der sich unsere Bewusstseinsstrukturen spiegeln. Wir sind in unserer Kultur stolz darauf, Widersprüche tolerant stehen lassen zu können. Wir nennen das Pluralismus und fühlen uns anderen Kulturen überlegen, die ein Weltbild als für alle verbindlich festlegen. Das nennen wir Fundamentalismus, und der gilt als Hauptfeind westlicher Zivilisation. Darin allerdings sind wir selbst fundamentalistisch. Wir blenden aus, dass unsere Toleranz gravierende Nachteile hat, z.B. den, dass Widersprüche nicht mehr ihre bewusstseinserweiterende Sprengkraft entfalten. Sie werden oft nur kurz zur Kenntnis genommen, abgehakt und wieder vergessen. Und genau diese Gleichgültigkeit – als sei alles gleich gültig! – ist inzwischen lebensbedrohlich für unseren Planeten.

Stirnrunzeln und dann weiter so ...
Wir Menschen leisten uns ein Finanz- und Wirtschaftsystem, das mit seinem Zwang zum Wachstum das Überleben der Menschheit bedroht. Sogar die Bildzeitung titelte: »Stirbt unsere Erde?« Niemand kann behaupten, nichts gewusst zu haben. Und was geschieht? Global gesehen nicht viel mehr als ein Stirnrunzeln und dann weiter so. Politiker, die bereit sind Konsequenzen zu ziehen und sich vom Wachstumszwang abzuwenden sind rar, und sie würden ziemlich sicher bald abgewählt, weil sie »Arbeitsplätze vernichten«. Wir leben lieber weiter unser gewohntes Leben als uns der Wahrheit zu stellen, dass auf diese Weise spätere Generationen dazu keine Chance mehr haben werden. Wenn alles sein darf, dann darf eben auch das sein. Ist alles gleich gültig! Oder nicht?
Widersprüche an sich heran zu lassen ist oft unbequem und bedrohlich. Aber wie ich an diesem planetaren Beispiel hoffe deutlich gemacht zu haben, ist es noch bedrohlicher, wie leichtfertig wir sie ausblenden. Ken Wilber beschreibt die Borniertheit, die in der Annahme vermeintlicher Gleichrangigkeit aller Bewusstseinsebenen zum Ausdruck kommt, sehr eindringlich und bissig in seinem Roman »Boomeritis« und spricht oft von spirituellem Flachland. Ja, gerade auch im Esoteriksektor gilt heute »anything goes« oder »Wünsch es dir einfach!« Dass aber nicht jeder seine Wünsche erfüllt bekommen kann, solange wir nicht alle bei der Demut des »Dein Wille geschehe« angekommen sind, das wird gerne ausgeblendet, denn es ist unbequem und verkauft sich nicht so gut. Oder werden wir demnächst im Fußball 18 deutsche Meister haben, weil alle Trainer und Spieler erfolgreich »The Secret« anwenden? Die boomende Beliebigkeitsesoterik, die von »Sorgenfrei in fünf Minuten« bis hin zu »Erleuchtung in sieben Tagen« alles verspricht, was gewünscht wird, vermeidet genau das, auf was ich hier die Aufmerksamkeit lenken will: grundlegende Widersprüche in unserem Bewusstsein wahrzunehmen und existentiell an uns heran zu lassen. Ohne Erschütterung gibt es keinen Sprung in der Schüssel, und wir schwimmen weiter im Einheits-Brei, der nichts weiter ist als eine klebrige Kitschversion wirklicher Einheit.

Die Erotik der Gegensätze
Widersprüche sind allgegenwärtig, unser Umgang damit ist allerdings geprägt von ihrer Abwehr: Entweder sind wir darauf fixiert, sie schnellstmöglich zu lösen, oder wir wenden uns gleich ganz ab. Umso wichtiger ist es, in Widersprüchen auch deren lustvolle, zwischen zwei Polen erotisch knisternde Qualität zu entdecken. Ein Leben im Bewusstsein von Widersprüchen kann durchaus voller Freude, voller Lebenslust und praller Lebendigkeit sein. Wo könnten wir das besser erforschen als im Sex? »Frauen sind anders, Männer auch« heißt es, und das trieb schon viele Paare in die Verzweiflung ewiger Kämpfe und Missverständnisse. Wenn Paare sich jedoch friedlich auf ihren kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, so bringt das bald die Erotik zum Erliegen. Je mehr sich Paare auf die Feuerprobe der Differenzierung einlassen, wie der amerikanische Paartherapie-Papst David Schnarch es nennt, desto mehr können auch auf Dauer die Funken überspringen.
Der Differenzierungsprozess beinhaltet in seinem Kern vor allem zu lernen, sich in seiner Einzigartigkeit seinem Partner zuzumuten, diesen zugleich in seiner Andersartigkeit wahrzunehmen und vor den sich daraus ergebenden Widersprüchen nicht davon zu laufen. Stattdessen verweilen wir bewusst in deren Mitte, bis sich der nächste Schritt wie Phönix aus der Asche offenbart. Paradoxien sind hier das Tor zu sexueller Leidenschaft. Die Qual, die wir erleben, wenn wir kurz vor einem Orgasmus unbedingt kommen wollen, aber innehalten und dort so lange verweilen, bis wir selbst ein einziger Orgasmus sind, die gibt uns einen Geschmack von der wilden Lust, die wir inmitten von Widersprüchen erleben können. Ja, wir müssen vielleicht einen Sprung in der Schüssel haben, um das erleben zu wollen. Aber geil ist es schon.

Im Sex können wir es üben
Im Sex können wir üben, uns mit Widersprüchen anzufreunden, denn dort offenbaren sie ihre lustvollsten Seiten. Daraus schöpfen wir Kraft und Mut, uns auch in anderen Lebensbereichen den Widersprüchen zu stellen. Beides werden wir brauchen.
Denn je tiefer wir im Prozess der Bewusstseinserweiterung gehen, desto mehr geht es ans Eingemachte, an unsere Identität. Was der Mathematiker Kurt Gödel für komplexe logische Systeme herausgefunden hat, dass sie nämlich niemals zugleich vollständig zusammenhängend und widerspruchsfrei sein können, das gilt auch für unser Ich. So kann auch die Grundfrage spiritueller Selbsterforschung »Wer bin ich?« niemals vollständig beantwortet werden. Viele Suchende machen die Erfahrung, dass, je näher sie der Antwort kommen, desto weniger ist noch jemand da, der fragt. Wir stoßen hierbei auf den Kern aller Paradoxien, denn diese beruhen wesentlich auf selbstbezüglichen Aussagen oder Fragen, wobei aber der Verfasser der Aussage sich selbst zumindest teilweise ausblendet.

»Ich bin ich«
»Diese Aussage ist eine Lüge« ist so eine selbstbezügliche Paradoxie, die wahr ist, wenn sie falsch ist, und umgekehrt. Auch wenn wir uns fragen »Wer bin ich?« produzieren wir unweigerlich eine Paradoxie, denn was immer ich für eine Antwort finde, sie ist nie ganz identisch mit dem, der fragt, also mit mir – es sei denn ich sage »Ich bin der, der fragt« oder einfach »Ich bin Ich!« Die Aussagekraft eines solchen Satzes mag im Fall von Bayern München recht hoch sein (»Mir san mir!«), reduziert sich aber bei genauerem Hinsehen auf Null. »Ich bin halt so wie ich bin!«, spricht daher eben nicht für besonders fortgeschrittene spirituelle Selbsterforschung, sondern für eine unwirsche Abkehr vom Gewahrsein.
Unsere tiefste Wahrheit entdecken wir, wenn wir lange genug in die Widersprüchlichkeit alles dessen, was wir für uns selbst halten, hinein lauschen und unsere Identität unerwartet aufbricht. Plötzlich entdecken wir, dass da niemand ist, den wir greifen könnten. Unser Ich, eine subjektiv gesehen lebensnotwendige Instanz, entpuppt sich als pure Illusion, und doch scheint sie unser Leben zu steuern. Viele Weise beschreiben die Bewusstseinsebene, auf der dies kein Widerspruch mehr ist, als glückselige Leere und Fülle zugleich.
Auch diesem Quantensprung des Bewusstseins geht Ähnliches voraus wie jedem anderen Sprung zuvor. Es ist das Innehalten und Gewahrwerden inmitten von Paradoxien, das unsere Entwicklung vorantreibt. Obwohl es ja letztlich nichts zu erreichen gibt. Denn mitten in unserem Herzen sind wir immer schon voller Liebe in dem, was ist. Aber das zu erkennen ist eben oft ein weiter Weg.
Allerdings müssen wir soweit gar nicht unbedingt gehen. Es reicht, beim nächsten Widerspruch innezuhalten. Und achte auf deine Schüssel! Wer bist du? Ja, genau jetzt!

 

Dieser Text von Saleem Matthias Riek erschein in der "Zeitschrift fürs Wesentliche" Connection Spirit im Oktober 2009

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